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Apple vs. Samsung und die deutsche Wahrnehmungsverzerrung

„Good artists copy, great artists steal“, sagte angeblich Pablo Picasso, aber definitiv Steve Jobs. Arbeiten bei Samsung gute oder großartige Designer? In jedem Fall haben sie das iPhone von Apple kopiert, entschied letzte Woche eine Jury in den USA.
Apple hat also in einem Gerichtsverfahren Recht bekommen, Samsung wurde zur einer Milliardenstrafe verurteilt. Dies gilt es festzuhalten, denn das Echo in Deutschland liest sich im Großen und Ganzen so, als sei Apple der Böse und Samsung das unschuldige Justizopfer. Also genau umgekehrt als es die Jury entschied.
Wie kommt das? Steve Jobs wurde zu Lebzeiten ein reality distortion field zugeschrieben, mit dem er seine Zuhörer in den Bann ziehen und seine Version der Realität aufzwingen konnte. Hierzulande scheint ein ähnliches Phänomen die Wahrnehmung von Apple zu trüben.
Über die Motive lässt sich nur spekulieren. Sicher gehört dazu die tiefsitzende Skepsis gegenüber wirtschaftlichem Erfolg an sich. Der exorbitante Aufstieg von Apple in den vergangenen zehn Jahren bietet jede Menge Projektionsfläche dafür.
Dazu kommt eine Art David-gegen-Goliath-Syndrom, die Parteinahme für den vermeintlich Schwächeren. Was in diesem Fall besonders unsinnig ist, denn Samsung hat fast sechsmal so viele Mitarbeiter wie Apple und macht mehr als doppelt so viel Umsatz – allerdings weniger Profit.
Schon eher valide sind die befürchteten Auswirkungen der Gerichtsentscheidung auf den Markt der Smartphones. Selbstverständlich profitiert der Verbraucher davon, dass billigere Kopien des begehrten Originals auf den Markt kommen. Aber kann es ein Recht auf Produktpiraterie geben? Wohl kaum.
Das stärkste Argument ist der Verweis auf das unsagbar kaputte Patentsystem der USA, das es möglich macht, selbst trivialste Ideen zu patentieren. Doch das sind die geltenden Regeln, und es lässt sich kein Vorwurf gegen Apple daraus konstruieren, dass Apple sich daran hält.
Nicht zu vergessen: Für Samsung hat sich die strategische Entscheidung, Apple zu kopieren, im großen Stil ausgezahlt. „Copying works“, stellt Farhad Manjoo bei PandoDaily lakonisch fest.

Of the three paths open to tech companies in the wake of the iPhone–ignore Apple, out-innovate Apple, or copy Apple–Samsung’s decision has fared best. Yes, Samsung’s copying was amateurish and panicky, and now it will have to pay for its indiscretions. But the costs of patent infringement will fall far short of what Samsung gained by aping Apple.

Mitleid mit Samsung ist also völlig fehl am Platz.